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"Auch Menschen mit Behinderung gehören auf den ersten Arbeitsmarkt"

Am 5. Juli 2021 besuchte die Brandenburgische Landtagsabgeordnete Marie Schäffer die Teltower Diakonischen Werkstätten und war besonders vom Kräutergarten begeistert.

 

 

Marie Schäffer und ihr Team haben am 5. Juli den Kräutergarten der EDBTL-Werkstätten in Teltow besucht und sich von Nannette Teichmann, stellvertretende Werkstätten-Leiterin, und Jürgen Hancke, Geschäftsführer des Unternehmensbereichs Teilhabe und Bildung im EDBTL, über das Stammgelände führen lassen. Dabei erhielt die Landtagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen in Brandenburg einen tiefen Einblick in die Arbeit der Werkstätten und insbesondere den Bereich Garten- und Landschaftsbau.

 

Nach dem Rundgang, der auch über den Hofladen führte, rückte das Thema Arbeitsmarktpolitik für Menschen mit Behinderung in den Fokus. Nannette Teichmann zeigte auf: "Es gibt so viele gut ausgebildete Menschen mit Behinderung. Einige von ihnen sind im Erwachsenenalter verunfallt und tragen die Behinderung erst seit ein paar Jahren. Eine Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt ist durchaus machbar."

 

"Und die mittelständischen Unternehmen müssen endlich mehr in die Pflicht genommen werden", meint Jürgen Hancke, "und darauf aufmerksam gemacht werden, wie die Werkstätten es schaffen, Menschen mit Behinderung fit für die Arbeitswelt zu machen. Und genau das tun wir. Denn unser Ziel ist klar: Auch Menschen mit Behinderung gehören auf den ersten Arbeitsmarkt." Klar ist auch, dass alle Parteien – Werkstätten sowie Betriebe – Unterstützung seitens der Politik benötigen. Die Bundesagentur für Arbeit hält einen Eingliederungszuschuss für Arbeitgeber bereit, die Menschen mit Behinderung mit noch fehlenden Kenntnissen, die künftige Stelle betreffend, einstellen. „Diese Unterstützung ist sehr wichtig“, erklärt Nanette Teichmann, „aber dieser Zuschuss müsste über einen längeren Zeitraum laufen. Momentan ist nach drei Jahren Schluss.“

 

In den Werkstätten können die Beschäftigten keine komplette Berufsausbildung absolvieren, sie erwerben aber Teilabschlüsse. „Die haben aber in der Arbeitswelt leider keine Bedeutung“, sagt Jürgen Hancke, „deshalb brauchen wir unbedingt eine Teilzertifizierung, die uns zum Beispiel die Handwerkskammer ausstellen könnte.“ Dazu liefen schon lange Gespräche mit den Kammern und der Landesarbeitsgemeinschaft, aber die Politik müsse den nächsten Schritt tun, erklären Teichmann und Hancke.

 

Marie Schäffer wurde außerdem eine klare Bitte mitgegeben: „Machen Sie sich doch dafür stark, dass mehr Menschen mit Behinderung im öffentlichen Dienst eingestellt werden“, sagt Teichmann, „dann kann er auch als Vorbild für alle anderen Behörden auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene sein.“

 

Ganz konkret ging es auch um das Thema Essensgeld. Gemäß BTHG haben seit 1.1.2020 Menschen mit Behinderung, die in Rente sind und in einer Einrichtung wohnen, ihr Essensgeld selbst zu zahlen. Menschen mit Grundsicherung – und das betrifft den Großteil der Bewohner – müssen zwar die Summe vorstrecken, sie bekommen sie aber vom Sozialamt wieder. Dass Rentnerinnen und Rentner diese Gebühr nun übergeholfen bekommen, sei absolut ungerecht, erklärt Jürgen Hancke. Auch dafür könne sich Marie Schäffer einsetzen, hofft er.

 

Das Gespräch wurde zum Schluss ergänzt durch Fragen von Beschäftigten des Kräutergartens, insbesondere von Frank Lenz, der schon seit 1993 in den Teltower Diakonischen Werkstätten arbeitet. Ihn interessierten vor allem die Klimapolitik der Grünen und Aspekte die Brandenburger Wälder betreffend. Schäffer hörte aufmerksam zu und resümierte: "Ich freue mich sehr, dass wir uns alle zu dem heutigen Austausch treffen konnten, und dass ich Berichte aus so vielen Blickwinkeln hören konnte."

 

Zum Abschied gaben die EDBTLer ihren Gästen noch den Tipp, sich im Hofladen mit selbst hergestelltem Honig und Tee zu versorgen. Schäffer versprach, alle besprochenen Themen mitzunehmen - und regelmäßig im Hofladen einzukaufen. 

 

Zeitgleich fand ein weiterer politischer Besuch statt: Sebastian Rüter, SPD-Landtagsabgeordneter für Teltow-Kleinmachnow-Stahnsdorf und Nuthetal, hat am 5. Juli ein Tagespraktikum in den Werkstätten absolviert. Beim Austeilen des Mittagessens für die Beschäftigten auf dem Teltower Stammgelände erklärt der Teltower, der erst seit zwei Jahren im Landtag sitzt, dass er im Sommer regelmäßig solche Kurzpraktika macht, um die Einrichtungen und Firmen in seinem Wahlkreis besser kennenzulernen. "Da bekomme ich einen guten Überblick, über das, was sich so abspielt und auch ein besseres Gefühl für Stimmungen in den Betrieben und somit der Gesellschaft." 

 

Die Teltower Diakonischen Werkstätten haben 1972 ihre Arbeit auf dem Stammgelände des Diakonissenhauses an der Lichterfelder Allee aufgenommen. Heute sind hier rund 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tätig. Die Werkstatt ist ein mittelständisches Unternehmen mit Produktionsabteilungen, Lager, Lehrwerkstatt und Verwaltung. Die Aktivitäten der Werkstatt gliedern sich in den Arbeitsbereich, den Bereich für berufliche Bildung sowie den Förder- und Beschäftigungsbereich. Ziel der Werkstatt ist es, Menschen mit Behinderungen eine an der Normalität orientierte Arbeit zu ermöglichen – also ihre individuellen Besonderheiten zu berücksichtigen, ihnen spezifische Unterstützung zu bieten und sie in ihren Talenten zu fördern.

 

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