In der Geriatrie (deutsch: Altersmedizin) werden Menschen ab 70 Jahren mit mehreren Erkrankungen (Multimorbidität) behandelt, die durch ein akutes Ereignis oder rasche Verschlechterung einer chronischen Erkrankung ihren normalen Alltag nicht mehr bewältigen können. Im Vordergrund stehen gezielte Therapiemaßnahmen, die neben der medizinischen Behandlung eingesetzt werden, um notwendige Fähigkeiten und Körperfunktionen wieder herzustellen oder verlorene zu kompensieren. In einer möglichst alltagsnahen Atmosphäre erfolgen Anleitungen, das zu trainieren, was sie können möchten.
Für Patienten und Patientinnen ab 80 Jahren erhöhen sich aufgrund des Alters die Anfälligkeit für Komplikationen, Einschränkungen im Alltag sowie die Gefahr, dass sich Erkrankungen als chronische Leiden manifestieren. In der Behandlung steht dann die Funktionalität im Vordergrund, weil vielfach Störungen wie Stürze, Schwindel, Inkontinenz etc. auf verschiedenen Ursachen beruhen und nicht mit der Behandlung einer einzelnen Krankheit behoben sind.
Grundlage der Therapie sind umfangreiche Testungen der Ausgangssituation in einem Geriatrischen Assessmentverfahren. Selbstverständlich stehen auch alle medizinischen Untersuchungsmöglichkeiten anderer Kliniken zur Verfügung. Allerdings wird sehr sorgfältig abgewogen, welche Maßnahmen sinnvoll sind, um eine bessere Alltagskompetenz und Lebensqualität zu erlangen.
Charakteristisch für geriatrische Kliniken ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen mit regelmäßigem Austausch über Patienten inklusive einer individuellen Therapieplanung. Für jede Person, die von einer Therapie profitieren kann, erfolgen täglich mehrfache Therapiemaßnahmen und rund um die Uhr aktivierende Pflege.
Die Klinik für Geriatrie ist Mitglied im Zentrum für Altersmedizin im südlichen Sachsen-Anhalt (ZASSA). Hier erhalten Fachkräfte, ältere Erwachsene und Angehörige weitere Informationen zu altersmedizinischen Themen.
- Das geriatrische Team und seine Aufgaben
Die Ziele des geriatrischen Teams sind patientenorientiert und individuell. Jeder Patient soll in seinen verbliebenen Fähigkeiten gefördert werden und im Rahmen seiner Möglichkeiten notwendige Fertigkeiten wiedererlangen, die er braucht, um im gewünschten Wohnumfeld zu recht zu kommen. Das können im Einzelfall durchaus kleine Verbesserungen sein, die für die Patientin aber große Vorteile für die Lebensqualität bringen. Alle Mitarbeitenden sind geriatrisch und rehabilitativ geschult und arbeiten eng zusammen, um den optimalen Therapieerfolg zu haben.
Das geriatrische Team besteht aus Mitarbeitenden aus Medizin, Gesundheits- und Krankenpflege, Physiotherapie, Ergotherapie, Logopädie und Sprachtherapie, Psychologie, Sozialdienst und Seelsorge. Unsere Ärztinnen und Ärzte haben zusätzlich zur Facharztweiterbildung (bei uns Innere Medizin) die Zusatzbezeichnung Geriatrie erworben oder befinden sich in Weiterbildung zum Facharzt für Innere und Geriatrie. Die Pflegekräfte haben zum großen Teil bereits die zertifizierte Fortbildung Zercur absolviert und werden in internen Workshops zusätzlich geschult. Die Therapeutinnen und therapeuten aller Disziplinen werden regelmäßig geschult und arbeiten bei vielen Patienten direkt zusammen.
Beim Sozialen Dienst laufen alle Fäden der Entlassungsplanung zusammen, Beratung und direkte Hilfe bei Problemen mit Krankenkassen und vieles mehr. Das gesamte Team kommuniziert nicht nur täglich bei der Frühbesprechung über besondere Problemlagen sondern trifft sich wöchentlich, um jeden Patienten und jede Patientin intensiv zu besprechen und therapeutische Maßnahmen zu planen. Die Seelsorge kann bei vielen Kummer und Sorgen lindern oder in schwierigen Entscheidungsfällen mit unserer Ethikberatung unterstützen und beistehen.
Die interdisziplinäre Arbeit in der Geriatrie ist aufwändig und anspruchsvoll, weil komplexe Krankheitsbilder und unterschiedliche Behinderungen bei vielfach gebrechlichen Patienten und Patientinnen umfangreiche Kenntnisse und Kreativität erfordern. Wir legen großen Wert auf Angehörigengespräche, die direkt bei Aufnahme standardmäßig vereinbart werden. Bei Bedarf bieten wir auch Angehörigenschulungen an, ermöglichen die gemeinsame Aufnahme in ein Zimmer oder geben Anleitung in Pflege und Therapie.
- Das geriatrische Assessment
In der Geriatrie geht es hauptsächlich um die Fähigkeit, den individuellen Alltag zu bewältigen. Das Assessment dient dazu, den verschiedenen Berufsgruppen des geriatrischen Teams anhand von standardisierten Testverfahren eine Einschätzung des aktuellen Status zu geben, gezielte Therapiemaßnahmen zu planen und abschließend die Erfolge zu kontrollieren. (Eine Übersicht bietet die Internetseite www.kcgeriatrie.de unter INFO)
In der Medizin kommen die üblichen Werkzeuge zum Tragen, wie Anamnese, Fremdanamnese und körperliche Untersuchung, gefolgt von sich ergebenden laborchemischen und apparativen Methoden. Die allgemeinen Alltagsaktivitäten werden von der Pflege über eine umfangreiche Skala eingeschätzt, dem FIM (Functional independency measurement). Dabei werden verschiedene Fähigkeiten, die im Alltag erforderlich sind, in je 7 Stufen der Selbständigkeit von völlig selbständig bis völlig hilfebedürftig eingeteilt. So sind bei Kontrollen Verbesserungen schnell zu erkennen. Zudem werden zusätzlich das Sturzrisiko und die Gefährdung für Druckgeschwüre eingeschätzt.
Die Mobilität wird von der Physiotherapie untersucht. Dazu dienen verschiedene Tests, die prüfen, ob der Patient allein aufstehen, gehen, Treppe steigen kann und ob er bei kleinen Stößen das Gleichgewicht verliert usw. Die Testverfahren (Timed-up-and-go, Tinetti, Esslinger Sturzskala) können nicht bei allen Patienten angewandt werden, so bleibt es manchmal bei der klinischen Beschreibung.
Kognitive und psychische Fähigkeiten sowie die Funktionen der oberen Extremitäten werden von der Ergotherapie und der Psychologie in abgestuften Verfahren untersucht. Einige Tests messen nur in mittleren Bereichen, so dass schwer betroffene Patienten nicht mehr messbar sind. (Minimental Status Test, Geriatrische Depressionsskala, BDI, DemTect, CERAD, PANDA, Webster).
Kommunikation und Schlucken wird von der Logopädie und der Sprachtherapie untersucht. Hier geht es um die Diagnostik von Sprechen, Sprachvermögen und - verständnis sowie der differenzierten Diagnostik vom Schluckakt. Die klinische Untersuchung des Gesichts, der Mundhöhle und der Schleimhäute mit Funktionen der Zunge und Gesichtsmuskulatur geben erste Hinweise auf Störungen und Ursachen. Die sehr komplizierten Vorgänge beim Sprechen und Schlucken müssen bei Störungen genau erkannt werden, um eine gezielte Therapie zu gewährleisten. Hier stehen moderne apparative Methoden zur Verfügung (Videofluoroskopie und Videofiberlaryngoskopie).
Depressive oder demenzielle Begleiterkrankungen können den Patienten Schwierigkeiten bereiten, an den Therapiemaßnahmen teilzunehmen und erschweren diagnostische Maßnahmen. Die Psychologie kann hier mit speziellen Testverfahren beitragen und differentialdiagnostische Hilfestellung bieten. Gleichzeitig wird festgestellt, ob psychologische Gesprächstherapie oder kognitive Therapie angeboten werden muss.
Die sozialen Umstände sind bei vielen Patienten entscheidend für die weitere Lebensplanung. Um hier beratend und unterstützend einzugreifen, erstellt die Sozialarbeit anhand einer Sozialanamnese einen umfassenden Bericht, der nicht nur hilft, die richtigen Hilfsmittel zu verordnen sondern insbesondere die Beratung zu notwendigen Hilfen oder gar Pflegeangeboten ermöglicht. Dabei sind Informationen zu Bezugspersonen wichtig, Patientenverfügungen oder Vollmachten und natürlich die Wünsche der Patienten.
- Was passiert in der Geriatrie?
In den ersten 4 Tagen findet das Assessment statt, aber auch schon Therapiemaßnahmen. In der Regel werden 2-3 halbstündige Therapien täglich durchgeführt, es sei denn, den Patienten oder der Patientin sind nur kürzere Übungseinheiten zuzumuten. Dann werden die Einheiten angepasst. Alle Patienten verbringen den Tag in Alltagskleidung, essen gemeinsam und werden je nach Plan auch zum Küchentraining oder Werken in der Gruppenarbeit begleitet.
Alle Übungen dienen dem Training von alltagsnahen Fertigkeiten, teilweise unterstützt von gezielten Übungen im Kraftraum, an den Ausdauergeräten oder im Hirnleistungstraining. Selbstverständlich werden Patienten, die noch nicht in der Lage sind, die Aktivitäten mitzumachen, aufgebaut und langsam an die Belastungen herangeführt im Sinne der Frührehabilitation.
Die Entlassung wird ab der Aufnahme geplant und in Absprache mit den Patienten und Bezugspersonen terminiert, wenn die Patientinnen und Patienten in der Lage sind, die Anforderungen in der häuslichen oder anderweitig gewählten Umgebung zu bewältigen und die klinische Situation stabil genug erscheint. Nicht alle Patienten können erfolgreich therapiert werden oder erreichen nicht die für die Häuslichkeit erforderlichen Fähigkeiten. Dann wird die Therapie abgebrochen und gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht, wie es trotz der Behinderungen für die betroffenen am Besten weitergeht. Die meisten unserer Patienten können allerdings wieder zurück nach Hause entlassen werden.
Wir geben allen Patienten einen Brief für die weiterbehandelnden Ärzte mit, einen Plan für die Medikamente und bestellen bei Bedarf einen Transport. Notwendige Pflege wird von uns organisiert und Hilfsmittel verordnet. Die Hilfsmittel werden natürlich bereits in der Klinik angepasst und beübt, um die Erforderlichkeit zu prüfen und vor allem die Patienten daran zu gewöhnen. Davon hängt es häufig ab, ob der Erfolg auch zu Hause anhält.
- Anmeldung
Die Zuweisung erfolgt über den Hausarzt. Anmeldeformulare stehen im Fachportal zur Verfügung.
Für eine teilstationäre Behandlung ist außerdem die Zustimmung der Krankenkasse erforderlich.

Direktor

Chefarzt

Belegungsmanagement und Patientensteuerung
6:30 Uhr - 12:30 Uhr

Belegungsmanagement und Patientensteuerung
7:00 Uhr - 14:30 Uhr
